Der Sturz aus dem Fenster

Es war mal wieder Dienstag... Dienstage sind keine guten Tage für Travis. Jedenfalls war es ein herrlicher Sommerabend, ca. 20.30 Uhr. Ich hatte in meiner Wohnung die Fenster auf und ging mal wieder einer meiner Lieblingsbeschäftigungen nach: Möbel umräumen. Miles findet das immer super spannend und hilft mir auch tatkräftig dabei, indem er grundsätzlich mitten im Trubel sitzt und jeden Handgriff beobachtet, versucht den Hammer zu fangen oder ähnliche nicht gerade ungefährliche Dinge in seinem kleinen Katzenköpfchen plant. Travis sitzt dann meist etwas abseits aber sie beobachtet auch alles äußerst genau! Diesmal saß Travis am offenen Fenster und schaute Miles und mir zu, wie wir das eine Regal aus dem Schlafzimmer ins Wohnzimmer schleppten und das andere Regal vom Wohnzimmer ins Schlafzimmer. Miles sprang wie wild in der Wohnung herum, er war völlig aufgedreht und hatte eine Menge Spaß. Ich sah dann noch aus dem Augenwinkel, wie Miles und Travis gemeinsam auf der Fensterbank saßen. Im nächsten Augenblick wechselte das Bild in meinem Augenwinkel. Plötzlich saß nur noch Miles auf der Fensterbank und schaute ganz interessiert nach draußen.

 

Ich bekam einen riesen Schreck, lief zum Fenster und da sah ich das Dilemma. Travis war aus dem Fenster gestürzt.

 

Doch dann musste ich mir das Lachen wahrlich verkneifen, denn wenn man bei mir aus dem Fenster stürzt und das als Katze, dann kann einem nichts, aber auch gar nichts passieren! Denn ich wohne im ersten Stock, im Erdgeschoss ist eine Apotheke, die im Sommer immer eine Stoffmarkise ausgefahren hat. Ja und auf dieser Markise hatte sich Travis nun festgekrallt. Ihr war das überhaupt nicht geheuer und sie miaute fürchterlich. Ich redete ihr gut zu, dass sie zum Fenster kommen sollte, aber sie rührte sich nicht vom Fleck. Doch dann liefen Leute die Straße hoch, ich muss dazu sagen, Travis hat fürchterlich Angst vor fremden Menschen. Ergo rannte sie auch los, doch mit jedem Schritt schaukelte sich die Markise weiter hoch, so dass sich die Markise urplötzlich in ein Trapez verwandelte. Travis dopste auf der Markise, es war ein Bild für Götter. Aber Travis fand das nicht witzig, im Gegenteil, sie schien ziemlich verzweifelt. Dann lief sie ganz langsam weiter zur Abdeckung der Markise und rettete sich auf einen kleinen mit Pflanzen bewachsenen Vorbau am Nachbarhaus.

 

Tja, und da saß sie nun und hoffte auf Rettung. Jetzt ist es so, dass ich damals noch meinen Schreibtisch samt Computer im Schlafzimmer hatte und zwar genau vor dem Fenster, welches am nächsten zu diesem Pflanzenvorbau war. Ergo räumte ich den kompletten Schreibtisch ab, damit ich das Fenster öffnen konnte und Travis herein springen konnte. Aber weit gefehlt. Es war wirklich nur der viel gerühmte 'Katzensprung', aber Travis traute sich nicht. Ich konnte sie allerdings auch nicht erreichen, ich konnte nur ihre Fellspitzen fassen, sie aber nicht richtig packen. So verging dann mindestens eine Stunde, in der ich ihr Mut zuredete und sie auch ab und an den Anschein machte, als wollte sie es doch versuchen, doch immer just in diesem Moment kam wieder irgendein Mensch die Straße lang gelaufen und Travis verschwand wieder im Gebüsch. Ich dachte mir dann, ok, versuchst es mit Sheba. Das hilft immer. Aber selbst ihr Lieblingsdessert (Putenhäppchen in heller Soße) konnte sie nicht dazu bewegen, zu springen. Dann dachte ich mir, ok, baust ihr eine Brücke. Ich habe dann also das Bügelbrett geschnappt und habe es auf den Vorbau aufgelegt. Sie hätte nur drüber laufen müssen, aber auch das war für meinen kleinen Angsthasen zu viel verlangt. Ich wiederum traute mich auch nicht, aus dem Fenster zu steigen, da ich mindestens ein genau so großer Angsthase bin - wenn es um Höhe geht - wie Travis. Mittlerweile dachte ich daran, die Feuerwehr zu rufen, die Kosten für den Einsatz scheute ich dann aber doch und dachte mir, es muss doch eine andere Lösung geben! Ich konnte sie ja schließlich nicht die ganze Nacht da draußen sitzen lassen.

 

Als es dann 23.30 Uhr war, rief ich - mittlerweile auch völlig verzweifelt - einen Freund an und bat ihn um Hilfe. Er meinte, er würde mir gerne helfen, hätte aber im Moment kein Auto, ich müsste ihn dann holen. Ergo verließ ich das Haus und lief zum Parkplatz. Als Travis mich auf der Straße sah, verstand sie die Welt nicht mehr. Wie konnte ihr Frauchen sie da einfach sitzen lassen? Sie saß da wie ein Häufchen Elend und hatte Angst. Ca. 10 Minuten später kam ich dann mit meinem Freund zurück. Er machte kurzen Prozess. Er stieg aus dem Fenster, packte Travis im Genick und hob sie in die Wohnung. Sie hatte nichts besseres zu tun, als erst einmal zum Futternapf zu gehen und das Sheba aufzufressen. Ich brachte meinen Freund wieder nach Hause und ließ dann das Chaos in meiner Wohnung Chaos sein und legte mich ins Bett. Ich war hundemüde. Jedoch konnte ich kaum schlafen, denn Travis lag auf mir (und mittlerweile ist sie ein ganz schönes Bröckchen geworden) ihre Pfoten um meinem Hals und schnurrte mir die ganze Nacht ans Kinn. Das war so rührend, dass ich gerne auf meinen Schlaf verzichtet habe.